Dieser von den NaturFreunden Offenbach ausgewiesene Natura Trail ist ein Rundweg im Spessart bei Biebergemünd. Er führt in das Teilgebiet „Kasselgrund“ des Fauna-Flora-Habitat-Gebiets „Talauensystem der Bieber und der Kinzig bei Biebergemünd“. Konzipiert wurde er von den Offenbacher NaturFreunden Johannes Borst-Rachor und Rolf Weyh.
Kurslänge: 11,3 Km; Schwierigkeit: leicht; Auf- und Abstieg: 144 m.
Startpunkt: Parkplatz Naturfreundehaus „Günthermühle“, Kasselgrund 35, 63599 Biebergemünd-Kassel
Es empfiehlt sich, diesen Weg mit der im Naturfreundehaus erhältlichen Broschüre zu laufen.
Die Umgebung
Der Startpunkt des Natura Trails, das NaturFreunde-Haus „Günthersmühle“, liegt in der etwa 8.300 Einwohner zählenden Gemeinde Biebergemünd, mitten im von Mainviereck, Kinzig und Sinn begrenzten Mittelgebirge Spessart. Von dort führt der Trail in das Teilgebiet „Kasselgrund“ des 465,6 ha großen FFH-Gebiets „Talauensystem der Bieber und der Kinzig bei Biebergemünd“. Die gesamte Strecke befindet sich im Naturpark Spessart, dem größten zusammenhängenden Laubmischwaldgebiet Deutschlands.
Das FFH-Gebiet
Zu diesem FFH-Gebiet zählen der untere Abschnitt des Lämmerbachs und das Kasselbachtal. Geschützte Lebensraumtypen sind hier Pfeifengraswiesen, Feuchte Hoch staudenfluren, Bachauen-Erlenwald und der für den Spessart typische mitteleuropäische Eichen-Hainbuchenwald.
Naturnahe Bachabschnitte, Quellen und Quellsümpfe sowie Gebüsche trockener und feuchter Standorte sind weitere geschützte Biotope. Vorrangig zu schützende und zu fördernde Tierarten sind im Kasselbach die Fische Groppe und Bachneunauge, auf den Wiesen die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge, im Laubwald der Hirschkäfer.
Oberes Lämmerbachtal
Wo am Fuß der „Schanze“ unterhalb des Geiersbergs nährstoffarmes Sickerwasser zutage tritt und hat sich im Feuchtgebiet „Eschenkar“ ein ausgedehntes Sumpfgebiet entwickelt.
Dort wachsen dichte Bestände von Torfmoos. Torfmoose können fast völlig austrocknen und über das 30fache ihres Trockengewichts an Wasser wiederaufnehmen. Sie sind weltweit die wichtigsten Moorbildner. Durch Bindung großer Mengen von Kohlendioxid leisten sie einen erheblichen Beitrag zumKlimaschutz.
Auf Torfmoospolstern wächst vereinzelt der Rundblättrige Sonnentau. Mit Duftstoffen lockt diese Pflanze kleine Insekten an, die dann an ihren klebrigen Drüsenhaaren hängenbleiben. Spezielle Sekrete ermöglichen der Pflanze, das Eiweiß der gefangenen Insekten zu verdauen und so als „fleischfressende Pflanze“ ihren Stickstoffbedarf an extrem nährstoffarmen Standorten zu decken.
Feuchtgebiet Eschenkar
Das Eschenkar am Lämmerbach war ein bäuerlich genutztes Wiesental, das nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung mit Fichten aufgeforstet wurde. In den 1980er-Jahren wandelte man das mittlere Eschenkar in ein Feuchtgebiet um. Die nunmehr 60- bis 80-jährigen Fichten und anderes Gehölz wurden entfernt, so dass sich das Moor begünstigt durch den verstärkten Lichteinfall gut entwickeln konnte. Die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA) erhält und fördert das Feuchtgebiet gemeinsam mit der Stadt Bad Orb.
Tümpel fördern Amphibien wie den Grasfrosch und Insekten wie die Quergestreifte Quelljungfer. Kleinstrukturen wie Steinwälle und Holzhaufen bieten Reptilienarten wie der vom Aussterben bedrohten Kreuzotter und vielen anderen Kleintieren wichtige Versteck möglichkeiten, günstige Sonnenplätze, Eiablagestellen und Winterquartiere.
Die Alteburg
Die Alteburg ist eine keltische Ringwallanlage (Wallburg) mit zwei Toren, die von einem Graben und einer steinernen Mauer umgeben war. Die Befestigungsanlage wurde in Teilen durch den Geschichtsverein Biebergemünd rekonstruiert. Die Alteburg umfasst eine Fläche von 500 m mal 150 m. Im Zentrum befanden sich Wohnunterkünfte aus Holz und Lehm. Holzkohlereste wurden auf das 6. Jahrhundert vor Christus datiert. Bei einer Grabung des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege 1999 wurden auch vorkeltische und römische Funde gemacht. Daraus wird geschlossen, dass dieser Siedlungsplatz auch in vor- und nachkeltischer Zeit besiedelt war.
Spessartquellen
Auf dem Weg begegnen uns fünf von insgesamt zwölf 1875 erschlossenen Spessartquellen mit baulich interessanten Fassungen, die überwiegend aus flachen Kluftgrundwasserleitern des Buntsandsteins gespeist werden.
Das Wasser dieser Quellen wird über eine Sammelleitung erfasst, an die Aufbereitungsanlage Kasselgrund geleitet und von dort weiterverteilt.
Die Spessartquellen tragen so bis heute mit rund 3 Mio. m³ jährlich maßgeblich zur Versorgung Frankfurts bei.
Eichen-Hainbuchenwald im oberen Kasselgrund
Die nährstoffarmen Verwitterungsböden im oberen Kasselgrund südöstlich der Alteburg tragen Mischwaldbestände mit Stieleiche, Traubeneiche und Hainbuche. Buntspecht, Mittelspecht, Schwarzspecht, Grün- und Grauspecht meißeln hier ihre Bruthöhlen in ältere Stämme und Äste. Manche dieser Bäume sind vom Förster mit einem „H“ als Habitatbäume, Lebensräume für Spechte, Fledermäuse und andere Höhlenbewohner, gekennzeichnet.
Sukzession: Wandel der Lebensräume
Bis in die 1970er-Jahre wurden am Oberlauf des Kasselbachs etliche Wiesen genutzt. Manche wurden später mit Fichten aufgeforstet, andere fielen brach. Spät gemähte Streuwiesen entwickelten sich zu Mädesüß-Hochstaudenfluren. Der vorher seltene Mädesüß-Perlmutterfalter ist seitdem im Frühsommer regelmäßig zu beobachten. Auf vorher zweimal gemähten Heuwiesen begründeten angewehte Erlensamen junge Erlenbestände, die heute, knapp 50 Jahre später, schon naturnahe Bachauen-Erlenwälder bilden.
Dunkler und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling
Diese beiden Tagfalter haben eine ungewöhnliche Lebensweise: Ihre Jungraupen fressen im Hochsommer in den Blütenköpfchen des Großen Wiesenknopfs und verlassen diese im Spätsommer. Durch Abgabe von Zuckersaft und Duftstoffen betören sie Rote Wiesenameisen, so dass sie wie Nestgenossen behandelt und in deren Nester getragen werden. Im Gegenzug erweisen sie sich jedoch als üble Parasiten: Bis zur Verpuppung im Juni fressen sie Eier, Larven und Puppen ihrer Wirte. Aus der Puppe geschlüpft müssen die jungen Falter im nächsten Juli die Ameisennester schnell verlassen, weil ihre Tarnung jetzt nicht mehr wirkt. Düngung und häufige Mahd zur Gewinnung von Silofutter haben diese beiden Schmetterlinge vielerorts verdrängt. Sie sind deshalb in der Europäischen Union streng geschützt. Zu ihrem Schutz soll auf die Düngung der Wiesen verzichtet werden; ebenso auf eine Mahd von Anfang Juni bis Anfang September, damit zur Hauptflugzeit und Eiablage der Falter im Juli ausreichend blühende Wiesenknopf-Pflanzen zur Verfügung stehen.